20. Januar 1939: Burenbrauck

Grafenwald

Im entsumpften Burenbrauck

Vor zehn Jahren wurde noch um Bezuschussung der Entwässerungsaktion gerungen

Kirchhellen, 20. Januar.

Vor zehn Jahren wurde noch um die Bezuschussung der Meliorationsarbeiten im Burenbrauck gerungen. Inzwischen ist diese Melioration durchgeführt. Dieses Gebiet ist ein Teil der Gemeinde Kirchhellen, das unmittelbar durch den Geländezusammenhang an den Emscherbruch und an die Welheimer Mark stößt. Es geht die Sage, dass seit undenklichen Zeiten der Wehrwolf (Wahrwulf) dort residierte und sein Unwesen trieb. Von der selben Gegend wurde gesagt, dass dort der "grote Jan" mit seinen zu Unrecht verschobenen Grenzsteinen unter dem Rufe "Wo sack em loaten" bis zu Erlösung unstet wandern muss, wo Füchse, Marder und uelte (Iltis) sich "gute Nacht" sagten und auch der Schnepfenstrich hervorragend gewesen sein soll, wo der Hase, auf den Hinterpfoten sitzend, seine "Mätzchen" ungehindert machen konnte. Wo noch bis vor hundert Jahres die wilden Pferde ihr freies Dasein fristeten. Das letzte von ihnen hat beim Kötter Brinkert, jetzt Eulering, in Grafenwald in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts das sogenannte Gnadenbrot erhalten. In diesem Burenbrauck errichteten noch die Vogelsteller, ungehindert vom Naturschutz, ihre Vogelherde zum Fang von Krammetsvögeln.

Das Alte fällt, es ändern sich die Zeiten. Die Aufteilung der Kirchhellener Markengemeinschaft von mehreren tausend Morgen wurde in den Jahren 1822 bis 1836 vollzogen. Darunter war auch der Teil Burenbrauck.

Die Aufteilung erfolgte unter Abzug von erforderlichen Wegeflächen an die Markeninteressierten unter Beteiligung von Ganz- und Halbbauern. Auch die in Kirchhellen ansässige adelige Familie von Wenge zu Brabeck erhielt einen guten Teil dieses Geländes. Sie hatte sich, wie es heißt, in früheren Zeiten durch Spenden von einigen Tonnen Bieres als mitbeteiligt eingekauft.

Im Durchschnitt erhielt in diesem Gebiet ein Halbbauer 3 Morgen und 2 Ruten, ein Ganzbauer das Doppelte. Auch sind in diesem Teile des Burenbruchs einige Interessenten entschädigt worden, die bei den Markenteilungen zu kurz gekommen sind oder übergangen worden waren. In diesem Markengelände waren nur einige ansässige Eigentümer und Familien wohnhaft.

Durch Aufteilung und Übergang an den einzelnen als Eigentum sind im Laufe der Jahre viele Verbesserungen an den Grundstücken erfolgt, namentlich in Wiesenanlagen.

Der Burenbruch, so gut der Boden auch sein mag, war ein nasses und sumpfiges Gelände. Es fehlte eine Vorflut. Selbst wenn im Sommer trockenes Wetter war, so stieg doch am Abend feuchter Schwaden auf, so dass eine Nebelschicht das Tal bedeckte. Wenn man so am Abend aus der Heuarbeit kam und sah den Neben aufsteigen, so hieß es: Morgen wird's noch gutes Wetter, der Fuchs ist "am Pfannekuchenbacken".

Im Herbst und Winter war jedoch die Nebelplage hinderlich. Die sumpfige Feuchtigkeit des Bodens verursachte Ortstein, Undurchlässigkeit und versäuerte den Boden. Die aufsteigenden Nebel waren feucht und schwer und so dicht, dass sie völlig undurchsichtig waren. Dass die feuchten schweren Schwaden für Mensch und Tier gesundheitsschädlich waren, liegt klar auf der Hand. Nur wer hier geboren und in dem Klima aufgewachsen war, konnte hier ohne Gesundheitsgefährdung leben. Zugezogene litten sehr unter dem Neben und wurden nie so alt wie die Einheimischen. Dafür sind Beispiele vorhanden.

Die Schäden konnten nur durch eine gründliche Entwässerung beseitigt werden. Sie wurde ermöglicht durch die Bildung der Emschergenossenschaft. Zum Emscherregulierungsgebiet gehört auch das Burenbruchgelände. Für die Meltorationsarbeiten sind viele Kosten aufgewandt worden. Den Nutzen dieser Arbeiten haben nicht nur viele Bauern, sondern auch Arbeiterfamilien in Gladbeck zu spüren bekommen. Die Entwässerung hatte im ersten Jahre nach ihrer Fertigstellung ihre Wirkung schon gezeigt. Der Allgemeinheit ist ein großer Dienst erwiesen. Der Naturschutz hat dadurch keinerlei Beeinträchtigung erfahren. In dem Kirchheller Gebiet, das noch immer größtenteils unbewohnt ist, können Fuchs und Uhu sich noch immer wie zu Hause fühlen. Zwar sind Pflanzen, die in versumpftem Gebiet prächtig gediehen, zurückgegangen oder auch gänzlich eingegangen, dafür aber hat sich die übrige Vegetation viel nutzbringender gestalten können. Der Burenbrauck hat noch heute seine alten Reize.


Der Artikel befindet sich im Archiv des Vereins für Orts- und Heimatkunde Kirchhellen. Leider ist nicht vermerkt, in welcher Zeitung er erschienen ist. Nur das Jahr 39 wurde handschriftlich ergänzt.


letzte Änderung: 03.11.2011 Impressum - Datenschutz